Einst wanderte ich auf Pfaden längst vergangener Industriegeschichte des Albulatals. Dies kleine Tal, welches im Ursprung am Albulapass deren Lauf nimmt, beherbergte zwischen 1500 und 1860 eine bedeutende Zahl Montanindustrieller Betriebe. Mich faszinierte die zugrunde liegende Geschichte wie auch die auffindbaren Überbleibsel eines einst grossen Industriestandortes.
Das kleine Tal aber auch ein Eck voller unfreundlicher, in sich zurückgezogener Menschen die keinerlei Eindringlinge akzeptieren. Abschätzig in Anwendung ist der Begriff „Unterländer“ in aller Munde. Eine zweifelsohne wunderschöne Landschaft in welcher ich mich am liebsten unerkannt in Tarnkleidung bewege und, wo immer möglich, Anfeindungen vermeide.
Ein einzigartiger Landstrich innerhalb der Schweiz, welcher per Gemeindeordnung, gar ein Fotografierverbot erliess. Ein zugegeben einzigartiges Gesetzeswerk innerhalb geglaubt demokratischen Republiken. Und doch, trotz langer Tradition provinzieller Zurückgezogenheit, siedelten immer wieder Bergbaubetriebe in den engen Seitentälern. Schmelzwerke entstanden und Investorengesellschaften versuchten ihr oft beschränktes Glück.
Ich bedurfte einer 6 jährigen Pause ehe ich diese Geschichte hervor packte. Nun soll diese erzählt sein. Wie üblich bei meinen Geschichten, viel Feldforschung und minimale Archivarbeit, diese Archivarbeit sei anderen, die dies besser können, vorenthalten.
Abstrakt
Bei der Durchfahrt in Richtung eines der schönsten Schweizer Alpenpässe fällt die markante Ruine am Strassenrand zwischen Filisur und Bergün auf. Diese Ruine war Mitte 19. Jahrhunderts eine bedeutende Schmelze die ein Sammelsurium aus regional gewonnenen Mineralien veredelte. Die Schmelze wurde als Ersatzbau für die, allmählich zu klein geratenen, Schmelzanlagen in der näheren Umgebung, errichtet. Insbesondere die anwachsende Eisenerzgewinnung in den Seitentälern verpasste den Bauwerk Bellaluna ungeahnten Investitionsschub doch deren Bestand war, trotz bewegter Geschichte, von kurzer Dauer.
Die Schmelze Bellaluna bliebt bis anfangs 19. Jahrhunderts eine Multiveredelnde Manufaktur mit verschiedenen Verhüttungseinrichtungen trotz des Schwergewichtes auf Eisen.
Die Erze stammten aus den Gruben der näheren Umgebung wovon ich deren 4 ganz gut kenne, 3 dieser Untertage-Anlagen packte ich in aktuelle Planwerke.
Wann der Erzabbau begann ist kaum noch auszumachen. Klar ist heute, manchem Wanderer, Jäger, Hirte dürfte die einte oder andere, zu Tage tretende, Vererzung früh aufgefallen sein. Industrieller Bergbau an verschiedenen Standorten des oberen Albulatals ist ab Mitte des 16. Jahrhundert urkundlich erwähnt, wenn doch der regionale Bergbau um einiges älter sein dürfte.
Den von mir gründlich erkundeten Gruben will ich mich hier in diesem Text vertieft widmen. Diese Gruben sind heute bekannt unter den Namen, Val Tisch, Murtel da Fier, Foppa da Chianols oder Surmin. Anmerkend hierbei, die Gruben-Bezeichnungen sind Flurnamen welche irgendwann den Anlagen zugeteilt wurden. Ob die Bergwerke und im speziellen die Stollen, wie dies früher Usus war, eigene Namen trugen ist nicht geklärt.
Geografie
Kurz vor Passübergang des Albulas liegen verschiedene längst verlassene, nicht unwesentliche Grubenbauten mit dazugehörigen Schmelzanlagen. Die Strasse, der Albula folgend, ab Tiefencastel, ist heute bei vielen Motoradfahrern beliebter Ausfahrtsort. Verborgene Orte in denen die Zeit stehen geblieben scheint, wie auch eine eindrückliche Landschaft faszinieren noch heute. Im späten Mittelalter indes war die Reise zu Fuss oder per Pferd über den Albulapass äusserst abenteuerlich. Enge Schluchten trennten Bergdörfer wie Bergün von den wichtigen Handelszentren des Unterlandes. In dieser Landschaft erscheinen immer wieder Erzausbisse, die letztlich ab den Jahren um 1500 zu urkundlich genannten Bergwerken führten. Doch wie so mach Chronist zu erzählen wusste, wurde bereits früher, an einigen Stellen, nach Erzen gegraben.
Bekannt sind im oberen Albulatal und in einigen Seitentälern aktuell 6 Bergbaustandorte mit jeweils verschiedenen Stollenbauten. Ich unterscheide auf meiner Karte zwischen,
kleinen Grubenzonen mit einer Abbaukubatur bis 100 Kubikmeter,
mittleren Grubenzonen mit einer Abbaukubatur ab 1000 Kubikmeter,
und grossen Grubenzonen mit einer Abbaukubatur ab 10000 Kubikmeter.
Im oberen Albulatal sind mir keine grossen Bergbauzonen ab 10000 Kubikmeter bekannt. Die einzigen zwei Anlagen auf Bündnergebiet die mit höherer Kubatur auftrupfen sind Mot Madlain und Buffalora.
Anmerkend, einige dieser von mir kategorisierten Bergbauzonen sind Annahmen,
Bot digl Uors sind beide bekannte Stollen verstürzt, die Halden wiederum sind eher minder Aussagekräftig,
Foppas oder auch bekannt unter dem Namen Marienkrone, zwei Stollen, sind eher kleinerer Dimension und mir nicht bekannt.
Das Fahlerz-Bergwerk Surmin und die 3 Stollen des Eisensulfid-Vorkommens Foppa da Chianols erreichen 1000 Kubikmeter Kubatur nicht respektive, zweitere Grube, vielleicht knapp nicht.
Einzig die Gruben Val Tisch (Hämatit) und die Gruben Murtel da Fier, auch bekannt unter dem Namen Platzbi, (Hämatit und Siderit) schaffen mehr als 1000 Kubikmeter wovon die Gruben Val Tisch die Grösseren sind. Val Tisch, nach Albertini, 5300 Kubikmeter erzhaltiges Gestein.
Um die Gruben herum sind Schmelzen bekannt, hier gibt’s meinerseits auch wieder eine Unterscheidung zwischen grosser Schmelze und kleiner Schmelze wovon die kleinen Schmelzen, im Nordwesten Schmelzi und Prasiretta, Buntmetallen aus der näheren Region verarbeiteten. Die Schmelze in Bergün, heute nur noch überliefert, verarbeitete Erze vom Val Tisch und vom Murtel da Fier zu Eisen.
Die grosse Schmelze, respektive das grosse Schmelzwerk, Bellaluna ist ab den 1820ern an Stelle einer bereits vorhandenen, kleinen Schmelze entstanden und immer wieder ausgebaut worden. Dieser Industriekomplex konnte, je nach Bedürfnisse, verschiedene Erze weiterverarbeiten.
Der vollständigkeitshalber die Karte Siegfried Erstausgabe Jahr 1887. Zu dieser Zeit war keine der Gruben aktiv. Obschon die Schmelze Bellaluna immer Bellaluna hiess, ist die Anlage als ehemalige Eisenschmelze kartografisch dem Flurnamen „Ballalüna“ zugeordnet.
Bella Luna lässt sich als schöner Mond übersetzten, Balla Lüna könnt der Bedeutung „mit dem Mond tanzen“ nahe kommen. Doch dazu näheres im Kapitel Schmelzwerke. Auch das grosse Bergwerk Val Tisch wird in der Siegfriedkarte Erstausgabe, in Anlehnung an deren Stilllegung, mit „alte Eisengruben“ bezeichnet.
Trotz stetiger Handänderung zerfielen die Gruben ab 1860 kontinuierlich. Ein nennenswerter Abbau fand nie wieder statt und doch waren die Gruben und die Schmelzanlagen immer wieder Gegenstand grosser Neugierde und vielerlei abenteuerlichen Geschichten.
Die Bergwerke
Bot digl Uors
Ich war nie im besagten Werk, bekannt ist mir folglich zu dieser Anlage sehr wenig. Es solle zwei Stollen gegeben haben, wovon einer als Schacht ausgebildet war. Weiter stand einst nahe den Abbaugruben ein Gebäude, vermutlich Unterkunft und Magazin. Auf der Siegfriedkarte Erstausgabe sind Mundloch wie auch Ruinen vermerkt. Beide Untertagebauten sind verfallen und auch vom Gebäude ist wenig übrig. Die Haldenkubatur lässt auf kleinere Gruben schliessen.
Die Mineralienfunde auf der Abraumdeponie deuten auf Blei, Silber und Zink hin wobei der Silberanteil sehr gering sein solle. 2 Holzproben vom Bergwerkareal, Stollen (genauer Standort, Türstock???) konnten auf 1712 respektive 1854 datiert werden (Martin Schreiber).
Die Verarbeitung dieser Erze erfolgte in der Schmelze Prasiretta bei Filisur. Heute sind keinerlei Spuren der Schmelze erkennbar. Anstelle der Schmelz-Manufaktur steht seit einigen Jahrzehnten das Wasserkraftwerk Filisur.
Zur Geschichte, soweit geklaut von Martin Schreiber,
Am 2. September 1826 schloss die Gruben- und Hütten-Gesellschaft mit der Gemeinde Filisur ein Vertrag über 50 Jahre ab und sicherte sich somit die Abbaurechte. Vermutlich liess Johannes Hitz, Inhaber Silberberg Davos / S-charl, das Vorkommen am Bärenbühl abbauen. Er erwarb 1826 die Konzession für den Abbau. (Quelle Martin Schreiber).
Foppas / Marienkrone
Auch dieses Werk mit deren 2 überlieferten Stollen ist mir gänzlich unbekannt. Hinzukommend ist wenig bekannt zu den 2 Gruben im Steilhang. Eduard Escher erwähnte das Vorkommen 1935 in “ Erzlagerstätten und Bergbau im Schams, in Mittelbünden und im Engadin“.
Die Schmelzi am Ende des Schmittner Bachs könnte die Verhüttung der Kupfererze übernommen haben. Die Ruinen der Schmelzanlagen sind noch, gut verborgen im Gestrüpp, erkennbar.
Surmin
Es sind 3 Bergwerke bekannt wovon ich zwei kenne. Am 14. Juli 2018 besuche ich den unteren kurzen Schürfstollen nahe der Bahnlinie Filisur Bergün und das Hauptabbaurevier mittig der steilen Felsen. Die dritte Grube östlich gelegen ist mir nicht bekannt auch die einschlägige Literatur weiss dazu kaum was zu berichten. Das Rohstoffinformationssystem Schweiz (RIS) verweist auf spärliche Daten von Verfasser Schmidt 1917/20.
Vom Hauptwerk machte ich eine Planzeichnung auf Basis einer, vom Höhlenforscher-Team, um Beat Heeb, erfassten Vermessung. Dieser Plan umfasst sowohl Grundriss als auch Seigerriss.
Das Kupferhauptabbaugebiet liegt auf steiler Felswand. Dem fast vertikal stehendem Erzgang folgten die Bergleute in 3 steilen Gesenken von oben nach unten. Einige schmale Durchschläge verbanden die Gesenke welche, zu einer späteren Epoche, der effizienten Förderung dienen sollten. Diese Durchschläge sind heute vom Steinschlag verstopft und weder Mensch noch Erz kann diese passieren. Dies war vermutlich schon zu Betriebszeit so.
Im obersten Gesenk liegt ein enger Raum mit eingelassenen Nischen und ausgehauenem Trog. Die Szenerie wirkt auf mich wie eine liebevoll gestaltete Kultstätte welche über den Bergbau hinaus Verwendung fand. Zweifelsohne eines der Mysterien dieser Anlage die nie so eindeutig Klärung finden wird zumal die beobachteten Elemente nicht wirklich eine Bergmännische Funktion haben.
Historische Belege zur Grube Surmin sind nicht eindeutig zumal die Bezeichnung Surmin während der Betriebszeit wahrscheinlich nicht der Grube zugeordnet war. Martin Schreiber nennt ein ganzer Schwall an historischen Daten von denen ich aber kaum welche schlüssig dem genannten Bergwerk zuordnen kann.
Auch über die Altersdatierung der Anlage kann reichlich spekuliert werden. Martin Schreiber nennt bei seinen Dendrochronologisch erfassten Holzproben die Jahre 1478, 1544, 1565, 1581 und 1628. Anmerkend hierbei, das Holz liegt hauptsächlich einfach so in der Grube rum, das Holz könnte vor 400 Jahren genauso in irgend einem Stall, geografisch ganz wo anders, einfach so rumgelegen haben. Die Dendrochronologische Datierung erfasst den Holzschlagzeitpunkt. Fest, über Jahrhunderte verbaute Holzeinbauten sind im harten Dolomit ganz wenige zu finden.
Das beginnende 16. Jahrhundert erscheint mir realistisch zumal viel nach Handarbeit aussieht. Nur vereinzelt sind Bohrlöcher aus neuerer Zeit zu beobachten. Mehrheitlich folgten die Knappen abbauwürdigen, weicheren Erzgängen. Der harte Dolomit ist absolut minimal bearbeitet zum Nachteil des, sich verengenden, immer wieder verstopften, Förderdurchschlags. Die Gesenke sind schmal und nur mit wenig Werkzeug fahrbar. Die Ära Albertini, ab 1820, baute in ganz anderen Dimensionen Vorrichtstrecken.
Kurzum, es ist anzunehmen dass die obere Surmingrube, auf 1379müm (Vermessungspunkt 100) gelegen, zu Beginn des 16. Jahrhunderts, angefahren wurde. Vieles deutet auf ein kleines Team Knappen, vielleicht gar en Familienbetrieb, die in Handarbeit und mit punktueller Hilfe der Feuersetztechnik, das Kupfererz abbauten. An der Felswand sind 9 Gesenkzugänge erfasst wovon einige dieser Gesenke in der Bergtiefe zusammentreffen und zu 3 Hauptgesenke verschmelzen.
Eine effizientere Förderung mittels Durchschläge an den tiefsten Gesenkpunkten wurde versucht. Diese Durchschläge sind heute verstopft und diese Durchschläge dürften in ferner Vergangenheit immer wieder, durch verkeilte Blöcke, die Arbeit massiv erschwert haben.
Im Zusammenhang mit dieser Bergwerksanlage wird gerne die Schmelze Prasiretta in Filisur als Erz verarbeitender Betrieb genannt. Aber auch das alte erste Werk Bellaluna, vor dem Neubau unter Albertini ca um 1830, taucht in der Literatur auf. Als weiterverarbeitendes Hüttenwerk erscheint mir das ursprüngliche Bellaluna-Werk plausibler. Die mögliche Strecken-Verbindung zwischen Surmin-Grube und Bellaluna-Schmelze ist kürzer hinzukommend ist östlich des Grubenreviers eine gleichmässigere Streckenführung möglich. Anderseits ist der Entstehungszeitpunkt der alten Bellalunaschmelze nicht eindeutig geklärt.
Der untere Schurf, auf ca 1234 müm, nahe der Bahnlinie dürfte indes ins 18. wenn nicht gar 19. Jahrhundert passen. Die Grösse des Stollens wie auch geglaubt entdeckte Bohrlöcher sind mögliche Indizien fürs neuzeitliche Auffahren. Zu Zeiten Albertini sind um die Schmelze Bellaluna herum verschiedene Prospektionsversuche unternommen worden.
Fopa da Chianols
Die Gruben Fopa da Chianols bestehen aus 3 Stollenbauten übereinander platziert und einer Gebäuderuine auf einem Plateau oberhalb des obersten Stollens. Martin Schreiber nennt weitere Mauerreste unterhalb den Gruben. Weiter werden Reste eines Röstofen beschrieben (Rohstoffinformationssystem RIS).
Der sehr grosszügige, oberste Stollen ist nach wenigen Metern verstürzt.
Der mittlere Stollen führt nahe Tag in eine Halle diese gabelt in ein Gesenk, eine weitere Abbauhalle und einer weiterführenden Strecke. In dieser Strecke liegt eine ausgebaute Ader die wieder in ein Suchstollen mündet.
Der unterste Stollen, heute komplett verstürzt, ist im Gesenk auf deutlicher Teufe wage wiedererkennbar. Beidseitig ist dieser Stollen, sowohl in Tagrichtung wie in Bergrichtung, unter Holzeinbauten verbrochen. Ob der Stollen Bergseitig merklich weiterführte ist nicht bekannt aber, unter Stollenniveau teuft das Gesenk weiter ab. Fester Fels ist auch an tiefster Gesenkstelle nicht auszumachen.
Auch von dieser Untertageanlage steht ein Planwerk welches in Zusammenarbeit mit Beat Heeb und weiteren Bergbaubegeisterten entstand.
Das Eisenmanganvorkommen diente Ursprünglich der Schwefel/Vitriolgewinnung. Zwischen 1811 und 1848 setzte eine vermehrte Eisenerzgewinnung ein. Dazu beigetragen hat auch der allmähliche Umbau der Schmelze Bellaluna.
In der Hauptgrube, untere Grube sind, wahrscheinlich einst zwei Fahrstollen angelegt worden. Der untere, heute aussen restlos verschüttete, könnte älter sein und hauptsächlich der Vitriolförderung gedient haben. Beide Stollen folgen einer, auf Tag, sichtbaren Pyritspur. Die Felsen liegen an den Stollenpositionen offen und offenbarten möglicherweise ihre Geheimnisse.
Nur wenig ab Tag findet sich ein schwer zugängliches Gesenkt welches mit Holzbühnen unterteilt wurde. Da diese Bühnen als Zwischendeponien dienten sind die Konstruktionen unter der Last des Materials immer wieder eingebrochen. Die Befahrung dieses Gesenks verkommt somit aktuell zur Akrobatennummer.
Die untere Fahrstrecke könnte über die tiefer gelegene Bühnenkonstruktion, südliche Richtung, in unbekannte Bereiche geführt haben. Sowohl nördlich wie südlich liegt unverrückbar viel Bruchmaterial an den möglichen Stollenfortsätzen.
Die Bergleute waren vorwiegend in Tagnahen Zonen vom Erzglück gesegnet was keineswegs zur Stabilität beitrug. Es liegt nahe Tag sehr viel Bruchfels.
Die Bergtieferen, heute bekannten, Hauen waren indes minder ergiebig, wahrscheinlich sind diese Strecken reine Sondierstollen geblieben.
Der Gesenkbau ist, so glaube ich, älteres Artefakt der Vitriolgewinnung. Die oberen Stollen und Aufhauen dienten der Eisenerzgewinnung. Oberhalb meiner gezeichneter und dokumentierten Anlage, knappe 50 Höhenmeter höher, liegt der verstürzte oberste Stollen.
Die Historischen Hintergründe sind zu diesem Werk eher spärlich überliefert. Von einer Vitriolgrube ist die Rede die das Material in die nahe gelegene Vitriolhütte, auch auf dem Bellaluna-Areal stehend, lieferte. 10 bis 12 Arbeiter sollen im Bergwerk gearbeitet haben, ob dies zu Zeiten der Vitriolgrube, vor 1811, oder später in der Eisenepoche war, entzieht sich meiner Kenntnis. Sowohl die Schwefelextraktion wie auch die Eisengewinnung fand im Bellalunawerk statt.
Murtel da Fier
Das Eisen-Mangan-Vorkommen liegt am Fusse des Piz Murtel da Fier in einer Ebene auf rund 2500 müm. Murtel da Fier bedeutet so viel wie Berg aus Eisen und Eisen ist auf dieser Höhe an allen Ecken anzutreffen.
Der Abbau des Eisenerzes erfolge in einer primären Phase, Epoche Gebrüder Belinchetti aus Bergamo um 1556, per Tagbau, in bis zu 10 Meter tiefen Abbauschlitzen. Das gewonnene Erz führten die Belinchettis in die von ihnen betriebene Schmelze Bergün. Der Bergwerksbetrieb wechselte über die Jahre immer wieder die Besitzer. Genannt werden, ums 16. Jahrhundert, Namen wie Georg Brasser aus Ulm oder auch Händler und Investor Johann von Salis welcher zeitweilig in Bergün residierte.
Im Jahre 1837 wird der Bergwerksbetrieb, zu dieser Zeit in Händen der Gruben- und Hüttengesellschaft Bellaluna, aufgegeben. Wie lange ein Abbau unter der Führung der Bellaluna-Gesellschaft stattfand ist nicht eindeutig klar. Albertini, Betriebsleiter der Gruben- und Hüttengesellschaft Bellaluna beschränkt sich bei seiner Beschreibung des Eisenwerks Bellaluna auf die Gruben im Val Tisch.
In einer fortschreitenden Abbauphase trieben die Bergleute Stollen Bergseitig an den tiefsten Punkten in den Abbauschlitzen. Die Tagnahen Erze waren ausgebeutet, ein Hochziehen des Abbauguts erschwerte den Betrieb massiv. Es folgte somit ein klassischer Firstbau mit Föderstrecke, Arbeitszonen und Verladeschächte. 3 Stollen unter 3 Tagbaustellen sind mir bekannt leider sind alle 3 Stollenwerke verstürzt oder abgesoffen. Eines dieser Untertagewerke kann heute jedoch, mit etwas Mut und Akrobatik, befahren werden. Über eine kleine Tagöffnung erreicht der neugierige Besucher / Besucherin den abgesoffenen Verladeschacht des Firstbaus. Die Förderstrecke ist definitiv Wassergefüllt doch der höher gelegene Arbeitsbereich ist bis ans absinkende Ende erreichbar.
Im Untertagearbeitsbereich ist heute noch viel Grubenholz an damals verbauter Stelle. Die Nachteile des Firstbaus liegen in einer allmählich ansteigenden Raumhöhe was den Einbau von Arbeitsbühnen nötig machte. Die eingepassten Querhölzer sind noch an dessen Ursprungsplatz.
Es ist anzunehmen dass alle Tagesspalten in späteren Betriebsepochen mittels Stollen unterfahren wurden. Die von uns erkundete Firststrecke misst ca 45 Meter ehe Boden wie Decke absinkt und allmählich klares Wasser die Weiterbefahrung hindert.
Ein weiterer, kurzer Stollen solle an der aufsteigenden Flanke des Piz Murtel da Fier zu finden sein. Ich selbst habe, mangels Zeit, dieses, vermutet, Sondierwerk nie erkundet.
In Mitte des Bergbauareals stehen die Reste eines grosszügig bemessenen Knappenhauses. Das Gebäude weisst einige äusserst interessante Merkmale auf. In der Gebäudemitte ist ein mächtiger Riegel aufgetürmt, die Wände sind stellenweise bis zu einem Meter stark, ein mögliches Indiz eines zweistöckigen Baus. In der Räumlichkeit war wahrscheinlich eine Schmiede mit metallurgischer Versuchsanlage installiert, es liegen noch etliche Schlackenreste herum. Auf dem Mauerabsatz, respektive im Mauerabsatz, fanden wir diverse Holzkohlestückchen. Bau-Holz indes ist gänzlich leergefegt. In geografischer Nähe stehen heute noch diverse Bauten, reichend von Alpwirtschaft bis hin zu ehemaligen Armee-Fliegerbeobachtungsunterständen. Wahrscheinlich ist das damals erreichbare Holz in den umliegenden Gebäuden verbaut.
Der Erzweg ist noch heute an einigen Stellen gut erkennbar und, als Teil des Wanderwegs, Route um die Minenanlage zu erreichen. Das dies Bergwerk, mit aufkommender Industrialisierung, kaum noch gewinnbringend wirtschaften könnte liegt definitiv an den langen Transportwegen. 12 km mass die Strecke in die nächstgelegene Schmelze. Die Val Tisch Gruben indes langen, bei gleichen Höhenmetern, nur 6 Km zur Bergüner Schmelze entfernt. Auch die neue Verhüttungsanlage Bellaluna lang in günstigerer Distanz zur Val Tisch Grube.
Und, nicht unwesentlich, während Eisenerz per Schlitten oder, im Val Tuors, per Fuhrwerk in die Schmelze transportiert wurde, musste, in Umkehrrichtung, Unmengen an Grubenholz, Brennholz, Werkzeug und Lebensmittel ins Grubenareal geschleppt werden. All diese Faktoren plus ein eher minderer Eisengehalt im Murtel da Fier führten zur frühen Aufgabe, vor 1835, der Eisengruben am Murtel da Fier.
Der Vollständigkeitshalber die Bergbauinstallationen mit unterlegtem Luftbild Swisstopo. Mittig liegt die Knappenunterkunft, Schmiede, Küche und weitere Räume. Wahrscheinlich war dies Gebäude Zweistöckig die Aussenwände sind enorm dick. Etwas östlicher gelegen sind weitere Mauerreste zu finden die möglicherweise auch zu einer Behausung passten.
Die zwei von Martin Schreiber dendrochronologisch erfassten Holzproben, Ursprung vermutet westlicher Firstbau, datieren aufs Jahr 1839 und 1845 also deutlich nach überlieferter Betriebsaufgabe.
Von diesem Grubenwerk machte ich nie ein Planwerk. Auch sonstig sind mir keine näheren Unterlagen bekannt. Das Interesse an dieser doch eher schlecht erschlossenen Abbaubaustelle wird wohl, trotz des dendrochronologischen Widerspruchs, nach Johann von Salis allmählich erloschen sein.
Val Tisch
Das Bergwerk Val Tisch ist die grösste Anlage im oberen Albulatal. Das im Seitental ob Bergün gelegene Bergwerk verfügt über eine ausführliche Dokumentation was Geschichtsforschung eindeutig vereinfacht. Auch ich beschäftigte mich intensiv mit den besagten Gruben inklusive Planaktualisierung. Ein fester Grundstock an Informationen die ein scharfes Bild des Grubenbetriebs wiedergeben, liegt auf.
Diese Anlage dürfte vor 16. Jahrhundert zeitweilig erfolgreich Eisenerz, in Form von Hämatit, gefördert haben. Das Erz ist von guter Qualität, 50% Eisengehalt, und an etlichen Stellen offen zu Tage tretend. Doch trotz des edlen Rohstoffs, der Bergwerksbetrieb erfährt immer wieder längere Unterbrüche. 1596 versuchte Johann von Salis das Bergwerk Erfolglos zu verkaufen. Im 1615 werden die Gruben liquidiert.
Die Bergüner Schmelze welche sowohl Murtel da Fier Eisen-Mangan wie auch Val Tisch Hämatit verhüttete stammt aus dieser Betriebsepoche. Im 16. Jahrhundert wird im Val Tisch, ob der gleichnamigen Alp, vorwiegend auf Tag in der zerklüfteten Felslandschaft gearbeitet.
Die Erze treten an den scharfen Kanten des „Tschimas da Tesch“ Felsen, gut sichtbar, zu Tage. Der Tagebau resultierte in einer primären Phase einfach und ergiebig. Wann der Stollenbau einsetzte ist nicht restlos geklärt. Eine Dokumentation zu den Untertagewerken ist erst ab Ära Albertini im 1835 bekannt. Es scheint jedoch naheliegend das lange vor Albertini mit den Untertageabbau gestartet wurde. Die obersten Gesenkbauten sind wahrscheinlich die ersten getriebenen Stollen.
Abgesehen des alltäglichen Bergbaubetriebs lockte die Anlage immer wieder einige Investoren, Forscher, Anarchisten, wer auch immer. Dies sorgte aktuell fürs Vorhandensein umfangreicher Literatur, aber dazu Detaillierteres später.
Klar ist, diese immer wiederkehrende Faszination generierte sehr präzise Dokumentationen zu den Gruben. In Folge können heute 6 Stollenbauten eindeutig zugeordnet werden. Ich beziehe mich bei den Stollenbezeichnungen auf den Einmessplan von Max Müller, 28. November 1942.
Stollenbauten
Nach Max Müller, mit meinen Beobachtungen übereinstimmend, sind folgende Stollenbauten, überliefert und im Gelände mehr oder minder klar ausmachbar:
- „Stollen I“ 2481.61 müm, gilt als Hauptabbau. Ist heute Mühsam fahrbar. Zu diesem Hauptausbau existieren genaue Pläne vom Team Max Müller 1942 die ich am 5. Dezember 2017 weiter ergänzte. Konkret stammt von mir die Aufzeichnung der Kammer 1A, 2A, 3A und des Schachtes II. Weitere Grubenzeichnungen habe ich von den Max Müller Zeichnungen übernommen. Länge Stollen I 96.8832m = 50.99 Lachter (1 Lachter = 1.9 Meter).
- „Stollen II angegeben“ (überliefert nach Albertini) 2511.74 müm, 1942 wie auch heute verschüttet, vermutet alter Gesenkbau. Länge Stollen II angegeben unbekannt.
- „Stollen II vermutet“ 2495.75 müm, dieser Stollen ist verschüttet indes Untertage von der oberen Halle her nachverfolgbar. Länge Stollen II vermutet 24.2879m = 12.78 Lachter.
- „Stollen III“ (Höhe nicht definiert) dieses Bauwerk ist heute verschüttet und kaum aufzufinden. Auch um 1942 war Stollen III nicht zu erkennen. Indes lässt sich in dessen Gegend ein Weg und eine Stützmauer lokalisieren. Albertini beschreibt dies Werk um 1835 sehr detailliert was den Verdacht nahe legt dass Albertini diesen Stollen vortrieb. Länge Stollen III nach Albertini 12 Lachter und erreicht Erze nach 4 – 5 Lachter.
- „Stollen IV“ 2432.15 müm, dies Werk ist immer wieder unter einer Meterdicken Schuttschicht, Geschiebe-Lawinen sind dafür verantwortlich. Alle Jahre muss auf eine Befahrung hin kräftig geschaufelt werden. Dies war bereits 1942 so, trotzdem kann dies Werk als Fahrbar betrachtet werden. Aussen ist der verfallene Stollenmund gut zu erkennen. Innen ist die Strecke gut erhalten und sauber gehalten. Dies Werk stammt eindeutig aus Albertinizeit und sollte das Hauptbergwerk auf idealer Höhe unterfahren. Im Stollen sind kaum Erze anzutreffen doch dies war auch nicht primäres Ziel. Viel eher sollte diese Strecke als Hauptförderstollen amten und den Betrieb produktiver gestalten. Auch von Stollen IV existiert ein Plan aus Max Müllers Feder diesen jedoch bedurfte keines Updates meinerseits da meine Befahrung keine neuen Erkenntnisse brachte. Stollen IV entspricht, soweit erkennbar, Albertinis Text von 1835 und Max Müllers Zeichnung von 1942. Länge Stollen IV 135.57m = 71.35 Lachter.
- „Stollen V“ 2471 müm, dieser Schurf ist knappe 20 m lang und ohne Erz, respektive ich habs nicht gefunden den Eugster beschreibt in diesem Stollen, welcher nach seinen Worten 19 Meter lang sein soll, eine 2 cm breite Erzader. Der Standort, weit ausscherend Richtung Osten, entbehrt, meiner Meinung nach, jeglicher Logik den bereits im Stollen IV keilten die Erze in der Ostwöllbung allmählich aus. Dieser kleine Stollenstummel war eine potentielle Gut-Glück-Sondierung die, heute bekannt, kein Glück brachte. Es gibt von diesem Werk ein Plan von Max Müller und ein Plan, mit neuer Höfo-Vermessung, von mir. Beide Pläne sind identisch. Länge Stollen V 20.0559m = 10.55 Lachter.
Hauptbergwerk
Das produktive Hauptbergwerk war in der Betriebsepoche „Gruben- und Hüttengesellschaft Bellaluna“, Betriebsleiter „Jacob Ulricht von Albertini“ über „Stollen I erschlossen. „Stollen II vermutet“ wie auch „Stollen II angegeben“ schlossen auf die oberen Abbauhallen A1 und A3.
Inwiefern die oberen Stollen zu Albertinis Zeit offen waren ist unbekannt. Albertini erwähnt diese beiden Strecken nicht eindeutig. In Halle 1A, die über der Grundstrecke Stollen I liegt, ist der einte Stollen oberhalb einer Versatzwand gut als Tagseitig verstürztes Werk zu erkennen. Der andere, höher gelegene Stollen II könnte an die, mit Bruchstein verstellte, Gesenk-Halle A3 schliessen.
Die Halle A1 / A2 / A3 ist auf den Max Müller Plänen nicht abgebildet. Auf Albertinis Grubenbeschrieb könnte dies Werk im Zusammenhang mit Stollen II erwähnt sein, der Text aus „Beschreibung des Eisenwerkes zu Bellaluna“ scheint mir nicht eindeutig. Der Holzdeckel ob Schacht I welcher die Halle A1 abtrennt, stammt von Albertini. Fest steht, das Team um Max Müller die die Gruben zwischen 1941 und 1942 befuhren, entdeckten die oben liegende Halle nicht. Erst der Eifer von Jann Rehm im 2014 schaffte ein Zugang in dies obere Werk.
Stollen I unterfährt 2 Hallen, grosser erster Hohlraum, Halle A1, A2, nach oben verlaufend A3, und zweiter grosser Hohlraum, Halle 1, Halle 1a. Die Hallen erreichen Maximalhöhen von 10 Meter ab Boden Stollen I. Halle A3 mündet in ein Aufsteigendes Gesenk welches per „Stollen II angegeben“ vermutlich Tag erreichte. Halle A1, A2 und beginnende A3 war vom „Stollen II vermutet“ zu erreichen. Sowohl Stollen II angegeben wie auch Stollen II vermutet sind Tagseitig verstürzt. Stollen II vermutet ist indes untertage oberhalb der Versatz-Stützmauer erkennbar als Einsturz. Stollen II angegeben liegt vermutlich, wie bereits beschrieben, in einen nicht passierbarem Trümmerfeld ob Halle A3.
Stollen I erschliesst des weiteren zwei abgetäufte Schächte mit „Schacht I“ Tiefen von 24.58m (12.93 Lachter) (mit Schacht zu Stollen IV 35.38m) und „Schacht II“ 11.86m (6.24 Lachter). Der kleine, zu Stollen IV angedacht führende aber nie fertiggestellte, Anschlussschacht misst eine Tiefe von 11.54m (6.07 Lachter). Der erste grosse Schacht war Hauptabbau und von reichen Hämatitadern durchzogen wenn doch auch der Schacht II viel Erz offenbarte. Im Schacht I stand, Ära Albertini, eine Aufzugseinrichtung mit Laufbretter und, am Schachtkopf, ein breiter Haspelaufzug.
Etliche Bühnen unterteilen das Schachtwerk in einzelne grosse Teilabschnitte die als Temporäre-Deponien dienten. Zwischen den Bühnen sind Fahrten eingebaut. Doch der Eindruck täuscht, nicht alles ist 190 Jahre alt. Es gibt Fahrten aus der Epoche Albertini 1835 und es gibt Fahrten aus dem Prospektionsprojekt Cloetta 1942 aber mehr dazu später im separatem Kapitel.
Zuunterst im Abbauschacht welcher zu einer mächtigen Halle weitet steht der lange vergessene Steigbaum einer Vor-Ära. Welche Funktion dieser, in Umkehrrichtung platzierte Steigbau inne hatte, konnten wir nie klären. Vermutlich ist dies Artefakt angelehnt an Schacht-Hallenwand schlich und banal vergessen gegangen.
Die Schachthalle unterfährt links hinter dem Steigbaum das zweite Schachtwerk Nummer II ohne Durchschlag.
Die beschriebene Aufzugsanlage mit den Laufbrettern, etliche Bühnen und einige dazwischen liegende Fahrten sind zusammengefallen und liegen gemischt mit Schutt am Schachtboden. Ob die Aufzugseinrichtung um 1942 noch stand, konnte nie so eindeutig geklärt werden. Auf den Originalplänen ist die Holzkonstruktion über die 24 Meter, ohne weitere Kommentare eingezeichnet.
Die zweite grosse Halle die per Stollen II zu erreichen ist schliesst an das zweite Schachtwerk. Dieser Schacht II ist von Max Müller nicht weiter vermessen.
Team Max Müller schleppte Leitern von Bergün ins Bergwerk hinauf. Um den Schacht II (Raum 1b) zu erkunden hätte eine 12 m Leiter kaum gereicht.
Wir waren mit leichter Speleo-Vertikalausrüstung im überhängendem Schachtbau entschieden im Vorteil. Die heute bekannte Vermessung als Grundriss auf 3 Ebenen und als Seigerriss stammt von uns aus dem Jahre 2015.
Im Schachtraum steht viel glänzendes Hämatit an. Es scheint wie in einer Märchenwelt alles funkelt und glitzert.
Stollen I endet an einer kurzen Strecke, kurz nach Schacht II, an Stollenbrust. In dieser, ab Schacht II 23.6981m langen, Endstrecke sind kurz nach Schacht II einige Namenstafeln der Bergleute eingeritzt. Namentlich schwärzten die Bergknappen mit etwas Kohle eine Rechteckfläche auf glatter Stollenwand. Anschliessend ritzten die Männer, Name, Jahr und oft wiedererkannt, das Glückauf-Symbol, in die Schwarze Fläche.
Dies hier abgebildete Namenstäfeli, eines von 3 oder 4, konnten wir nicht entziffern. Einzig das Glückauf-Symbol oben mittig ist eindeutig. Die Holzkohle liegt noch auf dem Stollenboden 3m von den Tafeln entfernt. Eines der baugleichen Tafeln in Stollen IV entzifferten wir, als „Anton“, „1861“ und auch das Glückauf-Symbol war eingeritzt. Es bleibt aber auch dieser Interpretationsversuch reichlich spekulativ.
Das hiesige Täfeli indes bürgt noch mehr Geheimnisse und auch die Fingerinitialen nebenan, sind nicht wirklich klar. Wir wissen, von uns stammen sie nicht. Vom Team Cloetta, Max Müller, Eugster auch eher weniger den die geglaubten Finger-Zeichen sind, meine Interpretation, „Myvl“ und, bis aufs M vom Max Müller, eher weniger passend zum 1942er Team. Wir wissen aber auch dass dies Bergwerk immer wieder Neugierige anzog. Und so wie noch heute einige Buchstabengetreu meinen Texten folgen so folgten früher mutige Zeitgenossen den Erzählungen damals Dorfansässiger.
Stollen IV
Stollen IV liegt auf einer Nominalhöhe von 2432.15 müm also 49.46 m unter der Grundstrecke des Hauptbergwerk. Da jedoch das Hauptbergwerk zunehmend im Tiefbau auf reiche Erzlager stiess erschien eine Unterfahrung der Hauptabbauschächte erfolgversprechend.
Einerseits glaubte Albertini in tiefen Lagen die oberhalb in Schacht I abgebauten Erzlager konzentriert wiederzufinden anderseits schien eine Förderstrecke unterhalb der Abbauten sinnvoll. Die Förderung im Hauptbergwerk erfolgte mühsam, aufwärts ziehend, über den Gesenkaufzug. Die Schwerkraft abwärts hätte den Erz und Abraumtransport massiv vereinfacht und somit den Betrieb rationeller gestaltet. Vom Boden Schacht I bis zur Decke des Stollens IV blieben 24 m zu überwinden.
Die Argumente schienen somit den Bau des 135.57m langen Stollens zu begünstigen. Tatsächlich fuhr Albertini mit seinen Männern nach wenigen Metern erste Erzäderchen an die sich jedoch als nicht abbauwürdig erwiesen. In zunehmender Tiefe schien das Erz gänzlich auszubleiben.
Auch der geschlagene Hochstoss, 8m in Hauptschacht-Richtung, offenbarte kein Erz.
Gleichzeitig teufte ein Team im Schacht I ein Verbindungsschacht zu Stollen IV ab. Auch dieser kleine Anschlussschacht blieb ohne Erz.
Erschwerend plagte die Bergleute den mürben Fels am Mundloch und die jährlich wiederkehrende Gerölllawine die den Stolleneingang verstopfte. Stollen IV erwies sich als finanzielles Fiasko. Der Durchschlag erfolgte nie, das Bauwerk wurde somit nicht vollendet.
Wir öffneten den Stollen im Jahre 2014. Er blieb noch einige Zeit offen ist aber inzwischen auch wieder unter einer tiefen Schuttdecke verborgen. Auch unsere Vorgänger gruben ein Weilchen ehe der Eintritt möglich wurde. Letztes bekanntes Team stieg im 1942 ins Werk um dieses zu vermessen, Max Müller und aus dem Cloetta-Team.
Ausseninstallationen
Die Bergwerksaussenanlagen sind heute grösstenteils verblasst. Der durch die Runsen führende Schlittenweg ist aktuell gänzlich unpassierbar. Trotzdem lassen sich per Luftbilder einige Spuren rekonstruieren. Auch die Ruinen der einfachen Knappenhäuser auf dem Igls Saglients Hügel sind noch erhalten.
Die heutigen Mauerreste und Wegspuren sind, soweit nachverfolgbar, aus der Epoche Albertini 1833 bis 1837. Insbesondere der Erzschlittenweg mit Ausweichstrecke wird aus Albertinis Modernisierungsmassnahmen stammen. Das aus den Stollen stammenden Erz, hauptsächlich Stollen I, gelangte, vermutet, mittels Erzrutschen bis zu einer zentralen Verladestelle auf etwa 2391 müm. An dieser Verladerampe füllten die Bergleute das Material in tiefe, von Ochsen gezogenen, Schlitten.
Der Schlitten-Transortweg, in einer Länge von 1300 m, verfügte über ein konstantes Gefälle und eine Ausweichroute fürs entgegenkommende Ochsen-Schlittengespann. Am Ende des Schlitten-Transortwegs richtete Albertini ein grosses Erzlager ein. In den Sommermonaten, Juni bis Oktober, arbeiteten die Knappen in den Gruben und transportierten Erze ins Depot am Ende der Schlittenstrecke. An diesem Endpunkt, wo einst ein grosser Haufen zu stehen kam, standen Bauten die den Erzsäumern und den Rindern Unterkunft boten. Der grosse Erzberg wiederum wurde ganzjährig, Stück für Stück, auf Pferdegespanne verladen und in die Schmelze Bellaluna transportiert.
Der Legende nach war im Winter einst der von unten angefahrene Erzberg, mit lautem Getöse, in sich zusammen gebrochen. Tragischer weise begrub der zusammenstürzende Berg eines der Arbeiter. Die Temperaturen waren Eisig, Schneefall setzte ein und das Erzungeheuer erstarrte zu harter Eis-Erzmasse. Der verunfallte tote Arbeiter verblieb im Erzberg liegen ehe sein Leichnam im Frühling, nachdem die Sonne die dicke Eisschicht taute, nach Bergün zur Bestattung transportiert werden konnte.
Ob diese Geschichte stimmt, konnte ich nie schlüssig überprüfen. Doch der Erzberg muss zeitweilig beachtliche Dimensionen eingenommen haben. Die gesamte Abbaumenge nach Albertini beträgt 2119 Tonnen Erzhaltiges Gestein bei 2.53 m3 per Tonne liegt ein Volumen von 5361 m3 auf. Dieser Berg wanderte gestaffelt in das Hüttenwerk Bellaluna. Im Zwischenlager türmte sich, auf die Wintermonate hin, ein wuchtiger Eisenerzberg auf.
Heute ist vom Erzberg nichts mehr übrig. Albertini wird diesen bei Betriebsschluss bis zum letzten Erzkrümmel in die Schmelze transportiert haben.
Das Gebäude auf 2013 müm neben dem Erzlager, wie auch die Knappenhäuser 2375 müm auf dem Igls Saglients, sind von der Kantonsarchäologie Graubünden im Mai 2016 erfasst worden.
Der kleine See welcher immer wieder auf Bildern zu sehen ist, auf meinem Situationsluftbild ganz rechts, stammt wahrscheinlich auch aus der Bergbauzeit. Es ist anzunehmen dass dieser See als künstliche Stauung zur Trinkwasserversorgung, was auch immer, angelegt wurde.
Die Alp Tisch lang zur Bergwerkszeit einiges tiefer im Tal auf 1865 müm. Gut möglich dass die Fuhrwerkfahrstrasse die Verlegung der Alp Tisch in den 1920ern auf 1985 müm, gegenüber des ehemaligen Erzdepots, begünstigte.
Val Tisch eine geschichtliche Zusammenfassung
Es gibt Menschen die können alte Texte vor sich hin kauen, ich indessen bin nicht wirklich eine begnadete Archivratte. Darum will ich mich der neueren Geschichte der Val Tisch Gruben zuwenden. Längst vergangenes haben bereits meine forschenden Vorgänger ausführlich berichtet. Mein immer wieder gerne zitierter Lieblingschronist Ulrich Campell (1510 – 1582) kannte die Gruben ob Bergün bereits Mitte 16. Jahrhundert. Jacob Ulrich von Albertini, Betriebsleiter Gruben- und Hüttengewerkschaft Bellaluna berschreibt ausführlich sein Betrieb.
Eugster erkundet die Anlagen um 1920, in diesem Sinne eine kleine Zusammenstellung aus Eugsters Schriften zusammengetragen:
- 1568 erste Erwähnung der Eisenbergwerke der Gemeinde Bergün. Damals solle Georg Besserer aus Ulm die Eisengruben im Val Tisch, Val Tuors und dazugehörige Schmelzhütten gepachtet haben.
- 1576 erwirbt Johann von Salis die Eisengruben und Werke.
- 1682 wird bei Filisur eine Schmelzhütte erwähnt, die aus 2 Schmelzöfen, 4 Blasebalgen, 1 Röstofen, 1 Schmiede und Behausungen bestand.
- 1717 beutete Le Maire aus Neuenburg die Eisengruben im Val Tisch aus.
- 1737 wird auf Ballalüna das Eisenwerk Bellaluna vom Zürcher Heidegger gebaut.
- 1745 steht das neu errichtete Werk Bellaluna bereits still.
- 1833 nimmt die Gruben- und Hüttengewerkschaft Bellaluna den Bergbau und Hüttenbetrieb wieder auf. Albertini verwaltet während dieser Zeit die Betriebe.
- 1835 waren während den Sommermonaten bis zu 11 Erzhauer auf Val Tisch beschäftigt.
- 1837 stehen Berg und Hüttenwerke erneut still.
- 1840 übernimmt Graf Renard aus Schlesien die Werke.
- 1850 wird der Betrieb erneut eingestellt.
- bis 1913 zahlt ein französisches Konsortium Gebühren für die Abbaukonzession indes waren die Minen seit 1850 nimmer aktiv.
- 1. Januar 1917 die Konzession für die Dauer von 50 Jahren wird Ingenieur G. Küng aus Chur erteilt. Auch der neue Konzessionär wird keines der Werke wieder aktivieren. Nicht mal die Erzlager werden weiter verwertet.
Aber mit der Konzession welche Ingenieur Küng erwirbt wars noch lange nicht getan. Zwar fand seit 1850 nie wieder ein industrieller Abbau irgendwelcher Erze statt doch die Gruben büssten keinerlei Strahlkraft ein. Im Gegenteil, ab Beginn des 20. Jahrhunderts entfaltete das Bergwerksareal im oberen Tal, eine ungeahnte Anziehungskraft. Viele Gesteinsforscher bestiegen die steile Runse auf der Suche nach verborgenen Erz-Schätzen. Eine Vielzahl an Dissertationen und Forschungsarbeiten entstand.
1905 / Robert Helbling erkundete die Minen und Publizierte am 17.Februar 1905 unter dem Titel „Die Eisenlager im Val Tisch und Val Plazbi„. Auf Robert Helblings Beschreibung erscheint ein Stollenplan welcher als unterster Stollen genannt wird. Ob Helbling das Hauptbergwerk betrat ist eher auszuschliessen.
1919 / Carl Schmid publizierte unter dem Titel „Die Eisenerzvorkommen von Val Plazbi & Val Tisch“ am 30. Juli 1919. Carl Schmid steig in die damals noch fahrbare Schachtanlage I des Stollen I hinunter. Auch in dieser Zeit noch intakt, die zweispurige Aufzugsanlage.
1920 Eugster Beitrag zu „Die Eisen und Manganerze der Schweiz„. Die erste detailgetreue Zeichnung des Hauptbergwerks, Stollen I und des Tiefbaus Schacht I stammen von Eugster. Auch die Zweispurige Liftanlage steht bei Eugsters besuch.
1945 / Togan S. Önay in derDisertation mit Namen „Vorläufiger Bericht über die Eisenvorkommen im oberen Val Tisch und Val Plazbi„. Soweit ersichtlich ist Togan nur minimal in die Stollen gestiegen, Stollen V. Togan war aber, zweifelsohne nach der Cloetta-Gruppe, die mit viel Aufwand Stollen I und Stollen IV aufwältigte, unterwegs. Ihm war folglich ein tiefer Einblick in die Berggeheimnisse mit wenig Aufwand möglich.
Cloetta und der Eisenglimmer 1941 bis 1943
Ein illustre Truppe unter Federführung von Herrn W. Cloetta, Bergün und Herr Münzel, Zürich wird in den Jahren 1941 bis 1943 dem Val Tisch Bergwerk kurzzeitig neues Leben einhauchen.
Mitbeteiligt an dieser Stollenbelebung waren,
Eugster als Sachverständiger und Ortskundiger Geologe. Eugster war in der Gruppe als Protokollführer unterwegs. Mein Wissen zu dieser Prospektionsarbeit basiert auf Niederschriften aus dem Feldbuch von H. Eugsters.
Max Müller vom Büro Fisch als Vermesser und Zeichner der Grubenbauten.
Bauunternehmer Broggi, Bergün, heute Broggi Lenatti AG.
Vorarbeiter Rauch, ein äusserst neugieriger Bergüner Baumeister.
Walter Fisch, Geologe und Inhaber des Büro Fisch in Zürich.
Ziel der umfangreichen Mission sollte eine Prüfung auf Abbauwürdigkeit des Eisenglimmers im Val Tisch Bergwerk sein. Der Eisenglimmer war in den Jahren des Weltkriegs ein begehrter Rohstoff zur Herstellung von Rostschutzlack. Da die Schweiz keine eigene Produktion von qualitativ hochwertigem Eisenglimmer kannte explodierten die Importpreise während des 2. Weltkriegs. Das im Val Tisch noch vorhandene Hämatitlager hätte sich ideal zur Produktion des beliebten Rostschutzes geeignet.
W. Cloetta aus Bergün war familiär liiert mit der, nach Schweden ausgewanderten Schokolanden-Produzentendynastie Cloetta.
Der zweite Auftragsgeber Herr Münzel, Zürich Höngg Ackersteinstr. 20, ist mir unbekannt.
Die Männer des Baugeschäfts Broggi beginnen im Frühling 1942 mit der Aufwältigung der beiden Stollenzugänge I und IV. Parallel dazu wird erstes Erz ausgebrochen. Zusätzlich müssen im Hauptschacht neue Leitern eingebaut werden. Es beginnt eine zeitraubende Schlepperei, Leitern rauf das Tal, Erz runter das Tal. Inzwischen haben die Baumeister, mit einfachstem Werkzeug rund 100 Kilo Erz gebrochen
Herr Münzel steigt im Oktober 1942 aus dem Projekt. Ing. Pflips (Eisenbergwerkes Gonzen AG) bekundet Interesse an der Eisenglimmeridee.
Die Messdaten werden zwischen 6. und 11. November 1942 erfasst. Anhand dieser zeichnet Max Müller Grund und Seigerriss der Stollen (nach Eugster und Luisa) I, IV, V (nach Max Müller) I, II, III.
Das Projekt zum Abbau des Eisenglimmers im Val Tisch wird 1943 eingestellt. Die Erzlager erwiesen sich als zu gering im Verhältnis zu den notwendigen Investitionen. Insbesondere der Transport bis zu den verarbeitenden Lack und Farbenwerke resultierte zu aufwendig. Mit Ende des zweiten Weltkriegs sanken die Preise für Rostschutzprodukte.
Togan S. Önay nutzte die Gelegenheit potentiell offener Stollen und schrieb seine Dissertation mit Namen „Vorläufiger Bericht über die Eisenvorkommen im oberen Val Tisch und Val Plazbi“.
Mir dienten, ab 1. November 2014, die Pläne von Max Müller, die inzwischen über sieben Umwege bei Herrn Brazerol, Schmitten landeten, als Basis meiner Zeichnung mit weiterführender Vermessung.
1979 die Strahler, die Freunde des Bündner Bergbaus und die ersten suboffiziellen Besitzansprüche
Die Stollen vom Val Tisch rutschen allmählich in die Vergessenheit. Ab den 1945ern, nach Togan und co, schien kaum merkliches Interesse an den Anlagen aufzukommen. Vereinzelt sind schwer inoffizielle Pfadfinderexkursionen bekannt. Diese jedoch obliegen einer gewissen kindlichen Dramaturgie womit ich, aus mir überlieferten Erzählungen, nicht wirklich beurteilen kann ob die Buben im kurzen Stollen V oder im Hauptschacht I sich tummelten. Einige Jahre später sind die Bergwerksspuren kaum noch Thema, nicht mal die dortig, die Alp Tisch betreuenden Älpler wissen über den Stollenverbleibt.
Mit der Wiederbelebung des Silberbergs bei Monstein / Jennisberg konstituiert sich am 3. Juli 1976 der Verein der Freunde des Bergbaues in Graubünden unter dem Vorsitz von Hans Krähenbühl. Wenig später, im Jahr 1977, bildet der Verein der Freunde des Bergbaues in Graubünden einzelne Regionalsektionen um den jeweiligen lokalen Bergbau aufzuarbeiten. Die Leitung der Sektion Filisur-Albulatal wird im 1977 kurze Zeit Hs. Meuli, Chur inne haben.
Wenig später, März 1979, erscheint in der Vereinspuplikation „Der Bergknappe“ ein Artikel, geschrieben von Peter Müller, Männendorf, mit Namen „Eisenlagerstätten der Gemeinde Bergün“.
Peter Müller solle 1978 die Hauptstrecke I befahren haben, die Richtigkeit, respektive die genaue Bergbau-Lokalität, lässt sich in dieser Aussage (Lukas Rösli), nicht weiter überprüfen. Auch Peter Müller zähle ich zur Fraktion der besitzbeanspruchenden Geheimnistuern. Im Artikel Eisenlagerstätten der Gemeinde Bergün sind keine erkennbaren Aussagen die auf eine Befahrung hindeuten.
Mit einer ersten Val Tisch Vereinsexkursion im September 1979 wurde die Neugierde wieder geweckt. Bei dieser Exkursion wurden jedoch mangels Zeit, gemäss Beschreibung im Bergknappe Nummer 10, keine Stollen näher erkundet. Indessen entstanden, so vermute ich, erste Ideen zur Aufwältigung der Untertagewerke bei dieser Wanderung. Ob Peter Müller mit dabei war ist mir nicht weiter bekannt.
Inzwischen leitete der erfahrene Strahler Christian Joe Brazerol aus Schmitten die Sektion Filisur-Albulatal. Inwiefern Christian Joe Brazerol bereits zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Pläne von Max Müller 1943 war, ist nicht bekannt. Pläne schwirrten, im engen Kreise Eingeweihter, einige umher. Meine Erst-Metadaten der Pläne zeigen auf „2014:09:04 07:31:59“.
Tatsache ist, ab den 1980ern entbrannt ein regelrechter Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Sektionen. Die Suche nach den verschütteten Stollen beginnt und jeder der eine Schaufel zu Händen trägt wird ein Besitzrecht auf die freigelegten Gruben einfordern. Da jedoch diese Besitzansprüche keinerlei offiziellen Handhabe obliegen wird ein undurchdringbares Geheimnis um diese Stätten gewindet.
Stollen I wird um die 1990er von Christian Joe Brazerol erneut aufgewältigt und wenig später einem kleinen Kreise eingeweihter gezeigt und doch, zwei Jahrzehnte lang, würde dies Werk als gut gehütetes Geheimnis weiter im verborgenen bleiben. Bis dato wusste nicht mal die Vereinsführung der Freunde des Bergbaues in Graubünden über die Offenlegung des Val Tisch Hauptstollens.
Nichts desto trotz dringen Geheimnisse über Königreiche hinaus in ungeahnte Köpfe. So führte die familiäre Bekanntschaft zwischen Peter Müller und Lukas Rösli zu einer Befahrung im 2006 der Hauptstrecke I inklusive Schacht I und obere Teile von Schacht II. Bilder dazu sind in meinem Besitze. Noch heute steckt der Schlagnagel zu dieser Abseileinrichtung kurz vor der Haspelanlage, nicht besonders vertrauenserweckend, im Fels.
Ich, bis dahin in der Bergbau-Geheimnistuer-Szene gänzlich unbekannt, war zu jener Zeit auf ganz anderen Baustellen unterwegs. Eines jedoch bereits damals, ich plädierte für offenes, transparentes Verhalten. Meine offene Art und meine publizistische Beharrlichkeit sollte, zur Zeit der Jahrtausendwende, in zwei von mir geführten Vereinen, die rein gar nix mit Bergbau zu tun hatten, einfliessen und ein Paradigmawechsel bewirken. Eine Einstellung die viele Kontroversen auslöste und einige Anfeindungen generierte.
2012 die Punks sind los
Vermutlich inspirierten mich im WWW gefundene „Bergknappe“-Artikel zu einer Val Tisch Wanderung. Familiäre Verknüpfungen bis weit zurückreichend in meine Kindheit und Geschichten meines Grossvaters aus fernem Almeria waren letztlich Ursache meines Interesses für Bergbau. So richtig nach alten Stollen auf Schweizer Boden suchend begann ich im Jahr 2010. Dies jedoch mit einer gesetzten, und nicht gänzlich irrelevanten Vorgeschichte, in Val Tischer Untergründen.
Das Bergbauthema schien einige mehr aus meinem Freundeskreis zu Interessieren und so stieg ich, begleitet von Marlene, am 17. Juni 2012 das erste mal, vom der Dalux-Seilbahn Mittelstation her kommend, ins Val Tisch empor.
Sowohl das verfallene Mundloch des Stollen IV wie auch der kurze Hochstoss-Stummel entdeckten wir an diesem Juni-Tag doch die eigentliche Unterwelt blieb uns bis dato noch verborgen.
Inzwischen kannte ich, dank einer Seemühlebefahrung vom 17.November 2011, einige weitere Bergbauinteressierte. Auch der harte Kern der Freunde des Bündner Bergbaus zählte inzwischen zu meinem Freundeskreis.
Am 21.Juli 2012 folgte eine weitere Erkundug in Begleitung von Michael Madöry diesmal mit dabei Schaufel und selbstgebastelter Schutttrog.
Die 3. Exkursion fand am 13. Oktober des gleichen Jahres statt. Inzwischen waren wir zu einem soliden Grüppchen, richtig neugieriger Bergbauinteressierte angewachsen.
Im Jahre 2013 folgten wieder 3 Exkursionen, am 7. Juli, am 26.Juli und am 15. August. Wovon die Erkundung vom 26. Juli, dank des Wissens von Sepp Beeler, endlich den erhofften Einblick ins Hauptbergwerk Stollen I brachte.
Am 15. August erweiterten wir, mit Hilfe eines gut vorbereiteten Abstiegs, die Einblicke in Schacht I. Erstmalig bekam ich, an diesem warmen Augusttag die Planwerke von Max Müller im A4 Format zu Gesicht. Der Tag endete mit einem eher bescheidenem Znacht in der, vor sich hin serbelnden Bellaluna-Beiz, Ära Patrick Burger / Anna Malecki.
Doch meine beharrliche Publikationslust auf meiner Blogseite blieb nicht unbemerkt. Insbesondere mein offener Umgang mit exakten Geografischen Standortbezeichnungen störte in der, bis anhin gebildeten Szene selbsternannter Stollenbesitzer mächtig. Auch schienen sich viele an der Offenlegung meiner Bergwerksplänen zu nerven. Erste Gerüche in der Bergwerksforschergilde dringen bis zu mir. Subtile Anfeindungen schleichen sich, durchs Hintertürchen, ein. Christian Joe Brazerol, mein ungewollter Hauptgegner, wird die folgenden Jahre eine regelrechte Wut aufstauen.
Währenddessen meldet sich der Bergüner Gemeindepräsident Peter Nicolay per Brief bei mir. Im Brief werde ich aufgefordert jegliche Befahrungen alter Bergwerksanlagen auf Gemeindegebiet zu unterlassen. Ich sah anhand des Briefes keinerlei Handlungsbedarf worauf Herr Nicolay mich, nach verstreichen einiger Tage, telefonisch kontaktierte und mich fragte ob ich nun gedenke, wie von der Gemeindeverwaltung gefordert, keine Stollen zu erkunden. Meine Antwort war ruhig, prägnant und eindeutig. Im Brief wie auch in Nicolays Bekundung sah ich keinerlei Anlass zu Verhaltensänderung.
Es folgten im Jahr danach weitere 3 Exkursionen, inzwischen mit der Idee ein umfangreiches Planwerk zu erstellen, respektive das vorhandene Planwerk zu aktualisieren.
Jann Rehm entdeckte am 24. August 2014, dank seiner Beharrlichkeit und Ausdauer, eine neue obere Sohle, ein bis anhin unbekanntes System. Nun galt es dies neue Untertagewerk zu vermessen und ins Planwerk zu integrieren.
Parallel zu dem Zeichnerischen Arbeiten rund um Stollen I gräbt sich Sepp und Sidney Beeler durch den Schutthaufen vor dem Mundloch Stollen IV. Der Durchstoss gelingt im Oktober des 2014 somit war auch Stollen IV offen.
Das Jahr 2015 stand ganz im Zeichen des Montanhistorik- und Bergbau-Workshops 2015 in Andeer. Folglich bündelten sich unser aller Kräfte auf dies Projekt, Val Tisch blieb ungewollt etwas auf der Strecke.
Einziger nennenswerter Meilenstein war die gemeinsame Befahrung der Minenbauten mit Vertretern des Archäologischen Diensts Graubünden am 31. Juli 2015. An dieser Befahrung sollten erste Holzproben zur Dendrochronologischen Altersbestimmung gesammelt und kartiert werden. Die Erkundung von Stollen I und Stollen IV erbrachte 16 Holzproben und ein Holzkohlestück.
In diesem Jahr eskalierte der Streit zwischen Christian Joe Brazerol und den Bündner Bergbaufreunden. Zwar war ich nach wie vor unangefochtene Hassfigur des Christian Joes doch der Streit lag damals keineswegs in meiner Schuld viel eher artikulierten sich erste Verwerfungen im Zusammenhang mit dem Montanhistorik- und Bergbau-Workshop in Andeer. Menschliche Spannungen traten, während dieser arbeitsintensiven Zeit, ungefiltert hervor. Manch eine Differenz zeigte ungewollt explosivartig verherende Wirkung. Es brauchen einige langjärige Freundschaften. Mich betraffen diese Konflikte jedoch nicht im geringsten.
Ich bin einzig jene die, aus der Freude-Friede-Eierkuchen-Epoche kommend, einen Paradigmawechsel bewirkte weg von der kleinen verschlossenen Welt weniger Eingeweihter hin zu kollektivem Austausch und zur gemeinsamen Forschungsarbeit.
Kurzum, die Sektion Filisur-Albulatal blieb, infolge diverser Streitigkeiten, vakant bis diese von Sepp Beeler übernommen wurde.
Am 9. September 2016 folgte eine weitere Seilbefahrung diesmal zum Schachtboden des tiefsten Anschlussschachts, unter Albertini geplante Verbindung Stollen I zu Stollen IV.
Auch im Jahr 2016, genau genannt am 5. Oktober, erfasst der Archäologische Diensts Graubünden die Aussenanlagen des Bergwerks Val Tisch. Diese Angaben flossen in meine QGIS-Karte im Kapitel Ausseninstallationen.
Im April des Jahres 2017 verfasste ich ein Artikel zum Thema Val Tisch Bergwerk im Bergknappe Nummer 130 .
Auch im Jahr 2017 erfolgten 2 weitere Befahrungen, am 24. Juni und am 22. Juli wovon die Zweite Befahrung der Messtechnischen Aufnahme von Schacht II galt.
Und, es musste früher oder später kommen, die Konfrontation zwischen mir und Christian Joe Brazerol. Dieser von Christian Joe ausgehende verbale Ausraster geschah, in Filmreifer Umgebung, an der Vernissage zur Ausstellung 50 Jahre Archäologische Diensts Graubünden am 7. September 2017. Ich hab damals erstaunlich ruhig und gelassen reagiert. Von Christian Joe Brazerol habe ich seit jenem Vorfall nie wieder was gehört. Auch sonstig schienen die Wogen allmällich geglättet und ich nicht mehr Hauptthema herumschwirrender Gerüchteküchen.
Am 1. Januar 2018 fussionierte die Gemeinde Bergün mit der Gemeinde Filisur. Peter Nicolay machte Platz dem neuen Gemeindepräsidenten. Ab 1.Januar 2024 amtet Luzi C. Schutz als Gemeindepräsident von Bergün Filisur. Ich und meine Unternehmungen sind nicht weiter von Interesse.
Für mich begann im 2018 ein neues spannendes Langzeitprojekt gennat dieses Buffalora beim Ofenpass.
Aktuell sind Sepp und Sidney Beeler, wärend der Sommermonate, am Auwältigen des obersten „Stollen II angegeben“ auf 2511.74 müm.
Bellaluna
Über die Schmelze Bellaluna kann ich leider nur sehr spärlich berichten. Einerseits sind Auftagebauwerke, trotz des Bergbauthemas, nicht unbedingt meine Kernkompetenz anderseits gibt’s wenig wirklich aussagekräftige Nachweise die diese Industrieanlage würdig beschreiben.
Kurzum, ich weiss wenig,
Ära der Metallgewinnung
Die Schmelze Bellaluna wird Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals erwähnt. Zu Bellaluna gab es noch weitere Schmelzen in der Umgebung, zu nennen die Schmelze Bergün, welche zu dieser Zeit Val Tisch und Murtel da Fier Erz verarbeitete, die Schmelze Prasiretta die verschiedene, teils weit gereiste, Blei und Kupfererze verarbeitete und die Schmelzi am Ende des Schmittner Tobels welche Beleierze hoch vom Bliiberg veredelte. Bellaluna war bereits im 16. Jahrhundert die grösste bekannte Anlage mit verschiedensten Verarbeitungseinrichtungen. Eine Vitrolhütte wird 1811 am Standort Bellaluna genannt. Diese Anlage gewann Schwefel/Vitriol aus dem Eisenmanganvorkommen Foppa da Chianols. Ob die Vitrolhütte vor 1811 bestand ist mir unbekannt.
Die Bellaluna Manufaktur wird aber auch immer wieder umgebaut, modernisiert und aufgegebenen was eine genaue historische Spurensuche schlicht verunmöglicht.
Das Albulatal zwischen Filisur und Bergün, nachdem die Albula sich am Bergüner Stein in eine steile Schlucht zwängte, schien vordergründig ideal zum Bau einer Schmelze. Das Tal erreichte eine passable Breite von gegen 200 Meter flachem Terrain, an den Hängen gedienten üppige Wälder zur Herstellung von Holzkohle und der Stulser-Bach donnerte kraftvoll in die Albula. Dieser Platz, war im Volksmund lange schon als Ort des Hexentanzes bekannt. Der Flurname auf der Siegfriedkarte abgebildet „Ballalüna“ lässt sich als Mondtanz deuten. Inwiefern diese alte Überlieferung mitentscheidend für die Standortwahl der Schmelze war, lässt sich heute nicht eindeutig erkennen. Die Verbindung zwischen Schamanismuss und der Herstellung von Metallen war in frühem Mittelalter, im hiesigen Kulturkreis, durchaus gegeben. Der Begriff „Bellaluna“ steht für schöner Mond. Auch genannt wird der Flurname in alter Bergüner Umgangssprache „Ballalen“ stehend für, mögliche Übersetzung „tanzende Hölzer“ diese Flurnamenserklärung stammt vom Grossvater Christoffel Cloetta.
Trotz vielleicht idealen Voraussetzungen für den Hüttenbetrieb schien das Pech stetiger Begleiter des Bellalunas. Die Grösse des Betriebs und dessen Hunger nach Holzkohle war eines der Gründe wieso die Arbeiten immer wieder eingestellt wurden und in den Betriebsepochen kaum rentierten. Die abgeholzten Hänge links und rechts der Albula konnten, in solch kurzer Zeit, nicht wieder nachwachsen. Die Verhüttung der Erze pausierte in der Folge über längere Zeiträume hinweg. Zusätzlich zerstörten Hochwasserereignisse die Industrieanlagen und wenns Hochwasser ausblieb vernichteten Feuersbrünste die damals fortschrittliche Technik.
Das Bellaluna war geplagt von ständigem auf und ab den auch die umliegenden Minen waren, gemessen am Transportaufwand, zu wenig ergiebig um Betriebsverluste auszugleichen.
Eine Zeit lang veredelte Bellaluna zusammen mit der Schmelze Prasiretta Bleierze die, über Jenisberg, vom Silberberg stammten. Später folgte eine Zinkdestilationsanlage zur Verarbeitung von Zinkblende vom selbigem Silberberg. Mit der Brennholzintensiven Verarbeitung von Zink schwanden die Waldbestände nochmals markant schneller.
Auch die ständigen Handänderungen konnten dem Bellaluna, respektive der umliegenden Bewaldung, nicht wieder den nötigen Schwung verpassen.
Die letzte Bergbaugesellschaft die dem Hüttenwerk eine radikale Modernisierung verpasste war die Gruben- und Hüttengewerkschaft Bellaluna zwischen 1833 und 1837, als Betriebsleiter zuständig Jacob Ulrich von Albertini. In dieser Zeit sind verschiedene Reformen angestanden eine Spezialisierung aufs Eisenerz lang auf der Hand. Das Hochofengebäude wie auch die Erneuerung des, heute noch vorhanden, Verwaltungsgebäudes stammen aus der Ära Albertini.
Revolutionär, seiner Zeit voraus, war der Kamin des mächtigen Hochofens mit einem Wärmetauscher ausgestattet um die Ofeneinblas-Frischluft vorzuheizen.
Auch die Wasserversorgung für den Antrieb der Blasbälge, Hammerschmieden und sonstige mechanische Gerätschaften lässt Albertini vom Albulabach zum Stulserbach ändern. Die Stauung am Albulabach gefrierte während der Wintermonate was den Betrieb blockierte, der Stulserbach indes bedurfte dank des Gefälles und der konstanten Wassermenge einer kleineren Stauung.
Nach der Albertini Epoche werden einige Jahre noch Bleierze veredelt und Zink von den umliegenden Gruben extrahiert. Es wird auch noch Eisenerz vom Abbau am Schmorrasgrat in Bellaluna verhüttet doch der Betrieb erwirtschaftete lange keinen Gewinn mehr.
1848 wird die Erzverhüttung eingestellt.
Die Epoche der Säge
Am 14. Juni 1852 wird die Anlage Bellaluna mit Bergwerken im Val Tisch versteigert
Der Beschrib der Eisenwerke lautet, im Kantons-Amtsblatt Nr. 15; Beilage Jahrgang: 3. April 1852, wie folgt:
Dieses Eisenwerk besteht:
- a) in einem geräumigen Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude;
- b) das Schmelzgebäude mit einem 40 Fuss hohen Hochofen mit Vorrichtungen zur Giesserei, Winderhitzung Apparat und ein im besten Stand befindliches Zylinder Gebläse;
- c) eine Frischhütte mit einem Frischherd, Streck- und Klein-Feuer und der dazu gehörigen Gross-und Klein-Hammer;
- d) die benöthigte Wasserleitung
- Hiezu die circa zwei Stunden hievon entfernten reichhaltigen Erzgruben in der Alp Tisch auf dem Gebiet der Gemeinde Bergün, deren Benutzung sowohl als die Gewinnung mineralischer Fossilien auf dem Allmenboden von Filisur, den Eigenthümern von Bellaluna gegen Nähere Auskunft darüber sowie auch hinsichtlich die Zahlungsbedingnisse, welche am Tage der Versteigerung eröffnet werden, kann nötigenfalls vom Unterzeichneten ertheilt werden.
Die Eisenwerke werden nie wieder den Betrieb aufnehmen auch Buntmetalle sollten keine wieder verhüttet werden. Die Anlagen werden teilweise Rückgebaut.
Der Bau der neuen Kantonsstrasse, um ca 1890, wird mittig durch die Industrieanlage hindurch projektiert und realisiert. Der rund 10 Meter hohe Hochofen mit gehauenen Quadern diente einige Jahre als Steinlieferant für die Stützmauern der neuen Strasse. Einige Bauten die im Bereich Kantonsstrasse lagen, fielen dem Abbruch zum Opfer.
Die noch verbleibenden ausgeräumten Bauten zerfielen.
Anfangs des 20. Jahrhunderts eröffnete der ehemalige Postkutschenhalter J. P. Schmidt ein florierendes Holzhandelsunternehmen auf der Südseite des Bellalunaareals. Anstelle der Buntmetall-Verhüttungsbauten stand ein grosses Sägewerk die lokalen Arbeitern ein Auskommen bot. Und auch das neue Wirtshaus im ehemaligen Verwaltungsgebäude war rege besucht.
Doch das Glück war von kurzer Dauer.
Eine über die Ufer tretende Albula reisst Säge und weitere Bauten 1954 ins Verderben. Das noch nie da gewesene Hochwasserereignis zerstörte Sägewerk und umliegenden Installationen schwer. Der Holzhändler liess sich von diesem verehrendem Ereignis jedoch nicht entmutigen und baute alles wieder auf. Erst ein Jahr später als eine Feuersbrunst das Sägewerk bis auf die Grundmauern niederbrennt endet auch dies Kapitel.
Das Verwaltergebäude wird noch eine weile als Wohnhaus genutzt.
Paula Roth
Die 1918 geborene Paula Roth übernimmt 1965 das, inzwischen vom Zerfall gezeichnete, Gasthaus. Die Freizeit-Künstlerin mit Affinität zu Esoterikthemen wird in den Folgejahren ein, über die Kantonsgrenzen hinaus bekannter, Treffpunkt für allerlei skurrile Gestalten schaffen. Aber auch Einheimische und Durchreisende sind gerne im Bellaluna, eine Mischung aus Arbeiterknelle, Kunsthalle und Tierpark, zu Gast.
Paula Roth wird, so weiss es der amtierende Gemeindepräsident Luzi C. Schutz zu berichten, nie die Dörfer Filisur oder Bergün aufsuchen. Alle benötigten Waren zum Betrieb der Gaststätte werden ins Bellaluna geliefert. Man begegnet sich mit etwas Misstrauen doch man lässt Paula gewähren.
Gasthaus und vorhandene Gästezimmer sind immer wieder Absteigeort für allerlei Skurrile Figuren . Eine Weltuntergangssekte harte vergeblich auf den prophezeiten aber nie eingetretenen Niedergang aus.
Paula Roth, die selten das Bellaluna verlässt und den Banken generell misstraut, weckte aber auch allerlei Gerüchte. Es wurde gemunkelt dass Paula, die den Finanzinstituten prinzipiell misstraute, grosse Vermögenswerte im Bellaluna bunkerte.
Am Abend des 18. April 1988 drangen, inspiriert von umlaufenden Gerüchten, 3 Einbrecher ins ehemalige Bergwerk-Verwaltergebäude ein mit Ziel das versteckte Geld aufzuspüren. Paula überraschte die 3 Einbrecher auf frischer Tat die unverhofft 12 mal auf die alte Dame einstachen. Paula Roth starb an diesem 18. April 1988 in der Gaststube des Bellalunas.
Das Kantonsgericht Graubünden verurteilte die schnell gefassten Täter wegen Mordes zu langjährigen Gefängnisstrafen. Doch die Gerüchte wonach noch viel Geld unentdeckt in den Räumlichkeiten lagen, hielten sich hartnäckig. Eine anschliessende Moblilarversteigerung lockte zahlreiche Schatzsucher an und auch das verrammelte Gebäude war, in Folge, immer wieder Ziel der Geldsuche.
Abermals blieb das Bellaluna de Verfall ausgesetzt über Jahre verweist.
Ära Gebrüder Brazerol
Nach einer langen Phase des Vergessens erwerben die Brüder André und Bruno Brazerol das Gebäude im Jahre 2003. Nach einer umfangreichen Sanierung durch das Archithekturbüro von Bruno Brazerol entsteht das neue Kulturgasthaus Bellaluna Filisur. Das umgebaute Bellaluna verfügt über eine geräumige Gaststube, eine moderne Küche und Massenlager.
Einige Jahre wird ausgiebig an Goa-Partys und Open Airs getanzt. Im Bellaluna kehrt wieder Leben ein doch auch diesmal ist die Freude von kurzer Dauer.
Bereits im November 2010 schlossen die Betreiber André und Bruno Brazerol die Tore. Der Betrieb des, in der Abgeschiedenheit liegenden Kulturgasthauses, erwies sich als zu aufwendig und nicht wirklich rentabel.
Und nochmals stand das geschichtsträchtige Gebäude zum Verkauf, diesmal zuletzt ausgeschrieben für 1,6 Millionen Franken.
Patrick Burger / Anna Malecki
Im Jahr 2011 erwarb das Paar Patrick Burger und Anna Malecki das Bellaluna. Über den Preis wird geschwiegen, er liegt aber laut den Käufern deutlich unter dem ausgeschriebenen Preis.
Unter Patrick Burger und Anna Malecki entsteht, mit Unterstützung von Geschäftsführer Henk Cortjens (Ex-Gastronom Flughafen Zürich), ein gepflegtes Speiselokal mit regionalem Charakter. Inzwischen sind die Massenlager zu Gunsten einer grosszügigen Wirtepaar-Wohnung aufgehoben.
In dieser Zeit bin ich hin und wieder gerne Gast des Bellalunas. Insbesondere die Cordonbleus mit Bündnerfleisch und Bergkäse bleiben mir und meiner Lebensgefährtin Christina lange in Erinnerung.
Auch sind einige Expeditionsteilnehmer und Teilnehmerinnen aus meinem Bekanntenkreis, nach jeweiligen Val Tisch Erkundungen, gerne zu Gast im Bellaluna.
Doch auch diese Phase endet kurz nach 3 Jahren und wieder folgte eine lange Zeit des Vergessens.
Aktuell
Über den aktuellen Stand des Bellalunas ist mir wenig bis gar nichts bekannt. Lange war das Gebäude zum Verkauf ausgeschrieben, soweit ich mich besinnen mag zu einem stolzen Verhandlungspreis von 4 Millionen Franken.
Als ich im Sommer 2024, aus purer Neugierde, vors Gebäude brauste, sind mir verschiedene, in Tarnfleck lackierte, Schiffscontainer, in den Parknischen aufgefallen. Auch stand ein markanter 4 x 4 Pickup auf einer der Parkplätze.
Das Restaurant hat meines Wissens nie wieder eröffnet.
Alles wirkte wie eine, etwas exklusiv gehaltene, skurille Privatresidenz was meine Neugierde zusätzlich entfachte.
Die Grundbuchabfrage des Grundstücks Nummer 2611 (3544 Quadratmeter mit Gebäude) ergab:
Erwerbsdatum, 20.11.2019
Eigentümer, Mirko De Martinis, Via Nova 61, 7013 Domat/Ems
Quellenverzeichnis
Bergbau
Jacob Ulrich von Albertini.., Beschreibung des Eisenbergwerkes Bellaluna, Chur, 1835.
Robert Helbling, Die Eisenerzlager im Val Tisch und Val Plazbi, Basel 1905 (Transskript Ueli Wengner).
J. C. Herbig, Eisenerzlagerstätten von Val Tisch und Val Plazbi, 1914.
Lorenz Paul, Zur Geschichte des Hochgerichts Greifenstein, Chur 1914.
Carl Schmid Die Eisenerzvorkommen von Val Plazbi & Val Tisch, Basel 1919.
H. Eugster, Die Eisen-und Manganerze der Schweiz, Bern 1923.
Leonhard Juvalta-Cloetta, Aus der Geschichte des Bergüner Bergbaus nach Dokumenten von 1566 – 1616, Chur 1928.
H. Fehlmann, Die schweiz. Eisenerzerzeugung, ihre Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung; Beiträge zur Geologie der Schweiz, 1932.
E. Escher, Erzlagerstätten und Bergbau im Schams, in Mittelbünden und im Engadin; Beiträge zur Geologie der Schweiz, Bern 1935.
H. Eugster, Expertise Val Tisch aus den 4. Feldbuch H. Eugster, 1943 (Transskript Lloyd Beeler).
Togan Önay, Vorläufiger Bericht über die Eisenerzvorkommen im oberem Val Tisch und Val Plazbi, 1945.
Cloetta Gian Gianett, Bergün-Bravuogn, Thusis 1950/64.
Peter Müller, Eisenlagerstätten der Gemeinde Bergün, Männendorf 1979.
Web
Rohstoffinformationssystem Schweiz (RIS) https://map.georessourcen.ethz.ch
Martin Schreiber https://www.bergbau-graubuenden.ch
Einige Ausgaben des Bergknappen https://bergbau-gr.ch/?page_id=61
E-Mailverkehr Luisa Karrer – Lukas Rösli, 2013 – 2018.
Pläne Val Tisch
Max Müller Büro Fisch Zürich, 1943
Archäologischer Dienst Graubünden, Michael Stämpfli, Ausseninstallationen, Koordinatenverzeichnis: Stollenportale und Fixpunkte, 2016.
Kartenbasis WMTS https://wmts.geo.admin.ch/
Bellaluna
Bellaluna – Das erste Industriezentrum in Graubünden, Hans Stäbler, Filisur.
Bellaluna Artikel
Insbesondere
https://www.suedostschweiz.ch/zeitung/es-kehrt-wieder-leben-ein-ins-schaurig-schoene-bellaluna
https://www.suedostschweiz.ch/zeitung/der-fluch-von-bellaluna
Bellaluna Umbau
https://brazerol.ch/projekt/sanierung-kulturgasthaus-filisur/
Paula Roth
https://openartmuseum.ch/oam-digital/werk/?id=13701
Sonstige
Bauunternehmer Prospektion Val Tisch 1942 – 1943 https://broggi-lenatti.ch/de/
Gemeinde Bergün Filisur https://www.berguenfilisur.ch